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Krebs ist nicht gleich Krebs: Nur in bestimmten Phasen ist das Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf deutlich erhöht

Menschen mit einer Krebserkrankung gehören zu den Personengruppen, denen ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf einer COVID-19-Erkrankung zugeschrieben wird. Bisher gibt es jedoch wenig gesichertes Wissen dazu, wie hoch dieses Risiko tatsächlich ist, ob dies auch für Menschen mit überstandener Krebserkrankung gilt oder wie man diese doch recht heterogene Risikogruppe näher differenzieren kann.

Im Epidemiologischen Bulletin des Robert Koch-Instituts wurde nun eine Studie veröffentlicht, die erstmals mit Versichertendaten aus Deutschland das Risiko für Menschen mit verschiedensten chronischen Erkrankungen abschätzt, im Falle einer COVID-19 Erkrankung einen schweren Verlauf zu erleiden. Das Autorenteam leitet dazu mögliche Schlussfolgerungen zu einer evidenzbasierten Impfpriorisierung für Menschen unter 80 Jahren ab.

Auswertung von Krankenkassendaten

Analysiert wurden Daten aus verschiedenen Krankenkassen Deutschlands. Eingeschlossen wurden insgesamt 93.857 Versicherte unter 80 Jahren mit einer dokumentierten COVID-19-Diagnose (stationäre oder ambulante Abrechnungsdaten) in der ersten Jahreshälfte 2020 sowie einer kontinuierlichen Mitgliedschaft in der jeweiligen Krankenkasse. Untersucht wurden insgesamt 32 ärztlich dokumentierte Risikofaktoren beziehungsweise Diagnosen (von „Adipositas“ bis „Zustand nach Organtransplantation“), ausgewählt auf der Basis einer systematischen Übersichtsarbeit. Außerdem wurde das Alter in 5-Jahres-Kategorien betrachtet. Ein schwerer Verlauf wurde als intensivmedizinische Behandlung, Beatmung oder Tod im zeitlichen Zusammenhang mit einer COVID-19-Erkrankung definiert.

Um die Situation der Impfpriorisierung möglichst gut abzubilden, wurde hierarchisch vorgegangen: Zunächst wurde der Faktor identifiziert, der mit dem höchsten absoluten Risiko assoziiert ist. Dann wurden diese Fälle hypothetisch als geimpft angesehen, anschließend wurden für die übrigen Fälle der wiederum der bedeutsamste Risikofaktor ermittelt und so weiter. Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Erkrankungen oder der Erkrankungen und dem Alter konnten so allerdings nur implizit berücksichtigt werden.

Krebserkrankungen wurden kategorisiert nach hämatoonkologischen Erkrankungen (v.a. Leukämien und Lymphome), metastasierte solide Tumorerkrankungen und solide Tumorerkrankungen ohne Metastasen, jeweils mit oder ohne Therapie (strahlentherapeutisch, zytostatisch oder nuklearmedizinisch).Insgesamt waren bei 7,5 Prozent der Versicherten mit COVID-19-Diagnose eine Krebsdiagnose dokumentiert, in mehr als der Hälfte dieser Fälle (4,3 Prozent) betraf dies „solide Krebserkrankungen ohne Therapie“.

Höchstes Risiko für hämatoonkologische Erkrankungen

Unter allen untersuchten Risikofaktoren nahmen hämatoonkologische Erkrankungen mit Therapie, mit einem Risiko von 31 Prozent für einen schweren Verlauf den ersten Platz ein, gefolgt von metastasierten soliden Tumorerkrankungen mit Therapie (28 Prozent). Auf Rang 4 landeten metastasierte solide Tumorerkrankungen ohne Therapie (23 Prozent), auf Rang 8 solide Krebserkrankung mit Therapie (18 Prozent). Hämatoonkologische und solide Tumorerkrankungen ohne Therapie tauchten nicht unter den TOP 24 der Risikofaktoren auf. Das Risiko für diese Personen lag damit unter 4 Prozent unter der Voraussetzung, dass sie an keiner der übrigen untersuchten Erkrankungen litten und unter 60 Jahren waren. In der gesamten Stichprobe lag das Risiko für einen schweren Verlauf bei 5 Prozent. Diese absoluten Risiken sind möglichweise überschätzt, da leichte oder symptomlose Krankheitsverläufe nicht unbedingt zu Arztkontakten führen und daher in Versichertendaten unterrepräsentiert sein dürften.

Fazit für die Onkologie:

Die Untersuchung belegt, dass Krebspatientinnen und -patienten mit Metastasen und solche in strahlentherapeutischer, zytostatischer oder nuklearmedizinischer Behandlung ein deutlich erhöhtes Risiko eines schweren COVID-19 Verlaufs aufweisen. Sie würden somit - soweit keine Kontraindikationen vorliegen - mit am stärksten von einer frühen Impfung gegen eine SARS-Cov-2-Infektion profitieren. Umgekehrt lässt sich auch ableiten, dass die Mehrzahl der Menschen mit oder nach Krebs, nämlich solche ohne Metastasen, die sich nicht in einer strahlentherapeutischen, zytostatischen oder nuklearmedizinischen Therapie befinden, im Durchschnitt ein eher geringes, in etwa der Allgemeinbevölkerung entsprechendes Risiko für einen schweren Verlauf aufweisen.

Weitere Informationen:

Weitere Studien zum Thema:

Stand: 05.05.2021

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